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oberster Ticino
 

Der oberste Ticino - Fluss ohne Wiederkehr?

Hier einmal weniger eine nüchterne Flussbeschreibung als vielmehr ein kleiner Erlebnisbericht. Der Titel wirkt jetzt mit einigen Jahren Abstand etwas drastisch formuliert,  unsere damalige Befahrung hatte es aber wirklich in sich.

Ein trüber, kalter Tag im Valle Bedretto. Der Nufenenpass ist noch gesperrt,  es wirkt wie am Ende der Welt. Ziemlich ungemütlich jedenfalls. Der Fluss scheint  auch wenig lohnend zu sein. Eng, klein und steinig sieht er aus (Bild links am Einstieg in Villa).

Vor dem Ausstieg bei Airolo befindet sich ein Schießstand, doch es ist niemand da.  Ob an diesem Tag noch Schießbetrieb stattfindet, können wir nicht herausfinden. Ziemlich beunruhigend, da der Fluss direkt durch den Schießplatz fließt und Paddler ziemlich selten sind, es also keine Warnungen gibt.

 

 

Wir aber wollen paddeln und Gert Spilker hat den Fluss ja als nette, flotte Abfahrt ohne größere Probleme beschrieben. Zumindest bei weniger als 10 m3/s. Darüber wird der Bach rasend schnell, schreibt er. Sowohl am Einstieg wie am Ausstieg, sieht es nach weniger Wasser aus, eher nach etwas zu wenig. Und immerhin sah der einzige Blick in die Schlucht nach schwerem aber tollem Wildwasser aus.

Bis zum Eingang der Schlucht bei Fontana geht es steil über felsige Katarakte und haklige Stellen abwärts. Nicht sehr schwer aber auch nicht sehr lohnend und mit dem Spielboot teilweise richtig ekelhaft, da die Katarakte immer wieder aus winzigen Stufen (10-30 cm Höhe) bestehen, die schlecht zu boofen sind und in denen man leicht stecken bleibt. Vor Fontana wird der Bach dann deutlich wuchtiger und etwas schwerer aber auch viel runder und schöner.

Trotzdem steigen die meisten hier aus. Ich steige um auf den Topo. Im Nachhinein eine schlaue Entscheidung. Zu viert geht es in die Schlucht hinein. Wuchtig ist es, kaum Kehrwasser, fette Walzen, kleine Abfälle, schönes abenteuerliches Wildwasser. Wir passieren den Eingangskatarakt, einen Lawinenkegel und sind bald auf der von der Straße einsehbaren Strecke. So könnte es weitergehen.

Es wird aber noch wuchtiger und steiler. Bald kreist der erste in einem Rücklauf. Zum Glück ist der Schwimmer schnell draußen, denn Schwimmen bedeutet hier höchste Gefahr. Erst jetzt merken wir, dass es mehr als 10 m3/s sind. Nach 2 fiesen Katarakten (steil, sehr wuchtig, Rückläufe) wird die Schlucht deutlich offener. Rasend schnell geht es weiter (nur WW 3). Allerdings sind hier miese Baumhindernisse geboten. Am Ende der offenen Strecke fließt der ganze Fluss rechts durch einen neuen Arm, der von oben bis unten mit gefährlichsten Bäumen verrammelt ist. Auf keinen Fall hier einfahren, wie meistens gibt es keine Kehrwasser. Durch den alten Arm (links) schrubben wir außen herum ( wenig Wasser).

Bald nach dem Ende des neuen Arms beginnt die schwerste Stelle (bis WW 5+ bei unserem Wasserstand). Wuchtige Stufen mit teils kräftigen Rückläufen sind geboten (ein kleiner Ausschnitt im Bild links), das Ganze ist wie eigentlich der ganze Bach sehr durchgehend und danach verschwindet der Bach schnell und wuchtig um eine kaum einsehbare Ecke. Also umtragen wir im recht breiten Flussbett.

 

 Die folgende Gerade ist gut machbar (schöne Schlucht, Bild rechts), dann allerdings folgen noch 2 härtere Stellen. Endlich ist der Schießplatz erreicht. Alles ist ruhig. Dank der hohen Fließgeschwindigkeit sind wir schnell durch und bald ist der Ausstieg vor dem Stausee von Airolo erreicht. Im Boot zeigten sich selbst die Schwälle hier recht wuchtig, vom Ufer aus sahen sie eher öde aus. Kaum sind die Boote aus dem Wasser gezogen, hören wir die ersten Schüsse.

Es war also eine Paddeltour fürs Lagerfeuer, bei weniger Wasser dürfte es allerdings sehr schön sein (zumindest die Schlucht). Herzlichen Dank nochmals an Toni Herberg, der als Retter und Berger diese Tour trotz aller Schwierigkeiten gut in den Griff bekommen hat.

 

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Einstieg: Villa bei Bedretto
Ausstieg: vor dem Stausee von Airolo (Schießstand, Polizei)
Länge: 9 Kilometer
Schwierigkeiten: bis 10 m3/s erst WW 3-4, dann WW 4 (5), darüber WW 4-5 (5+)
Charakter: steil, durchgehend, bei viel Wasser sehr wuchtig, viel Geröll
Gefahren: Schwimmen!!!, zu viel Wasser!!!, Bäume !!!!, Lawinenreste
Autobegleitung: nicht möglich
Ufer: teilweise unbegehbar
Wasserstand: unbekannt, bei mehr als  10m3/s sollten nur sehr sichere Paddler aufs Wasser gehen (Wasserstand nicht unterschätzen, die Wassermenge nimmt auf der Strecke deutlich zu)
 
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